Beim SPD-Mitgliederentscheid über den neuen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD wurden 378.437 Stimmen abgegeben. Stimmberechtigt waren 463.722 Mitglieder. Die Beteiligung lag damit bei 78,39 Prozent. 239.604 Mitglieder stimmten mit Ja, 123.329 mit Nein. Das gab der für den Entscheid zuständige SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan am Sonntag im Willy-Brandt-Haus bekannt.
"Die SPD-Basis gibt grünes Licht für die Fortsetzung der schwarz-roten Koalition. Ermutigende 78 Prozent der SPD-Mitgliedschaft wollten die Entscheidung nicht ihrer Parteiführung überlassen. 239.604 von 463.722 Sozialdemokraten machen damit aber auch die Abwahl von Schwarz-Rot bei der Bundestagswahl am 24. September rückgängig", kommentiert Dietmar Bartsch das Ergebnis.
Sahra Wagenknecht bedauert "den Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids. Nach monatelangem Gezerre um Macht und Posten geht die SPD jetzt unter Bruch ihres vorherigen Versprechens in die Weiter-so-Koalition. Statt wieder die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner zu vertreten, hieven die Sozialdemokraten lieber Merkel erneut in den Chefsessel und zeigen damit, dass ihnen mehrheitlich ein kurzfristiger Machterhalt wichtiger ist als eine Erneuerung und die Rückbesinnung auf sozialdemokratische Politik".
"Für Kanzlerin Merkel heißt es jetzt: Auf zum letzten Gefecht", meint Dietmar Bartsch. Der Fraktionsvorsitzende erwartet, "dass Union und SPD unser Land nun umgehend aus der halbjährigen Hängepartie befreien und ohne weitere Verzögerung die Bundesregierung bilden. Der Koalitionsvertrag zementiert leider die Fortsetzung der bisherigen schwarz-roten Politik, die verwaltet und nicht gestaltet - ein klares 'Weiter so'. Union und SPD lassen die brennenden sozialen Fragen in unserem Land unbeantwortet. Wie die SPD den Spagat zwischen Koalitionstreue und angekündigter Erneuerung schaffen will, bleibt ihr Geheimnis. Eines ist klar: Wir brauchen einen Aufbruch von links".
Auch Sahra Wagenknecht befürchtet, dass der weitere Niedergang der SPD so kaum aufzuhalten sein kann. "Trotzdem war es ermutigend zu sehen, wie Teile der SPD in den letzten Wochen massiven Einschüchterungsversuchen zum Trotz tapfer gegen die Weiter-so-Politik ihrer Führung gekämpft haben. Wir müssen jetzt nach vorne schauen und gemeinsam darüber diskutieren, wie wir das für einen neuen Aufbruch von links nutzen können", äußert sich die Fraktionsvorsitzende gegenüber dpa.